Vergangenen Freitag traf ich meine besten Freunde Antonia und Max im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens, ein lang ersehnter Traum sollte in Erfüllung gehen. Rund zwölf Stunden später waren wir mit unserem Gepäck und einem Großeinkauf im Auto am Hafen angekommen. Schnell waren dann auch die Betten bezogen und der Kühlschrank eingeräumt. Nachdem wir das Schiff am nächsten Morgen noch grob gesäubert hatten, hieß es schon am Samstagmorgen „Leinen los!“.
Unter herrlichsten Bedingungen segelten wir zu der mir mittlerweile schon vertrauten Isla Saona. Die Karibik zeigte sich dabei von ihrer schönsten Seite, denn kleine Wellen und ein beständiger Passatwind machten diese Fahrt zu einem wahren Bilderbuch-Segeln. Da es die letzten 10 Seemeilen genau in Richtung West ging, bedeutete das, dass wir den Wind genau von hinten hatten. Perfekte Bedingungen also für den Parasailor. Die übrigen Segel waren schnell eingerollt, bzw. eingepackt und der Schlauch, in dem der übergroße Drachen verstaut ist, wurde am Mast hochgezogen. Kurz noch alle Leinen auseinander sortieren und schon schwebte das symmetrische Segel vor dem Schiff. Segeln vor der Küste mit weißem Sandstrand und Palmen, soweit das Auge reicht – das war ein Moment, der nur schwer für uns zu begreifen war.
Am Sonntag bauten wir nach einem gemütlichen, ausgiebigen Frühstück das Stand-up-Paddleboard auf. Den Rest des Tages verbrachten wir in der Sonne, am Strand, im Wasser, hin und wieder auch am Esstisch. Nur wenn man ins kühle (26 Grad) Nass sprang, musste man aufpassen nicht zu tief einzutauchen, denn wir ankerten bei einer Wassertiefe von grade einmal 1,5 Meter.
Am Montag stellten wir uns dann beim Frühstück die Frage, was wir nun mit dem Tag anfangen wollten, oder kurz: segeln oder nicht segeln? Abgenommen wurde uns die Entscheidung dann spätvormittags durch den Ansturm von vier vollbesetzen Ausflugsschiffen, die im Nu den sonst menschenleeren Traumstrand zu einem kleinen Touristenzentrum verwandelten. Schnell war die Badeleiter verstaut, die Segel angeschlagen und der Anker gelichtet. Wohin es gehen sollte, wussten wir nicht, das war aber auch nicht wichtig. Uns ging es ums Segeln und das konnten wir bei herrlichsten Bedingungen ein paar Stunden lang genießen. Da wir später beim Ankermanöver nicht so weit an den Strand gefahren sind, wie ich es eigentlich vorhatte, haben wir uns kurzerhand Taucherbrillen aufgesetzt und zu dritt den Anker mit Kette und Pohlaris im Schlepptau noch rund zehn Meter weiter an Land gezogen. Glücklicherweise hatten wir noch mehr als „eine Handbreit Wasser unter dem Kiel“.
Auch am Dienstag stellte sich dann wieder die Frage „segeln oder nicht segeln?“. Da uns der Wind um die Nasen am Vortag gut gefallen hatte, brachen wir wieder auf. Diesmal ging es nicht an der Küste entlang, sondern raus aufs offene Meer. Grob wären wir wohl in Venezuela gelandet, wenn wir zwei Tage so weitergefahren wären. Der Autopilot übernahm das Ruder, die Segel wurden einmal eingestellt und der Rest ergab sich von allein. Wir spürten die Wellen unter unseren Füßen, den Wind im Gesicht und die Sonne auf der Haut. Als wir nach gut einer Stunde schon nahezu kein Land mehr in Sicht hatten, habe ich Max die Frage gestellt, wie weit oder wohin wir noch segeln wollen. Seine Antwort beschreibt wohl die Freiheit des Segelns am besten: „Ist doch eigentlich egal.“.
Am Abend trafen wir am Strand noch eine Gruppe, die offensichtlich keine Touristen zu sein schienen. Sie erzählten uns sie kämen aus einem Dorf ca. drei Kilometer Richtung Osten an der Küste entlang. Ein kleiner Weg solle dort hinführen, den man gar nicht verfehlen könne. Das behielten wir im Hinterkopf, machten uns aber erstmal weiter keine Gedanken darum.
Am nächsten Morgen verdrehten wir wieder die Augen, als das nächste Ausflugsboot dicht an uns vorbeifuhr. Als dann allerdings ein gut gelauntes „Guten Morgen“ zu uns herübergerufen wurde, war es nur halb so wild. Wenig später kam dann auch schon Lars zu uns geschwommen. Er organisiert Touren mit Ausflugsbooten, unter anderem eben in die Bucht, in der wir vor Anker lagen. Die Boote kommen meist aus einer größeren Ansammlung von Hotelresorts an der Küste des Festlandes, halten dann in verschiedenen Buchten an der Isla Saona, um dann zum Mitttagessen im einzigen Dorf der Insel festzumachen. Das musste das Dorf sein, aus dem auch die Gruppe vom Vorabend kam. Er bot uns an, uns mit seinem Motorboot mit zu dem Dorf zum Mittagessen zu nehmen und auf dem Rückweg wieder am Schiff abzusetzen. Da wir uns momentan aber nicht mit 20 Leuten aus unterschiedlichen Resorts in ein Boot setzen wollten, lehnten wir dankend ab.
Stattdessen machten wir uns am Nachmittag selbst auf den Weg ins Dorf. Der Anker war gut eingegraben und das Wetter beständig. So konnten wir ruhigen Gewissens die Pohlaris für zwei Stunden allein lassen. In einer wasserdichten Tasche wurden Shirts, Autan, Schuhe und ein wenig Geld eingepackt und schon waren wir auf dem Weg zum Strand. Den Trampelpfad fanden wir schnell. Anfangs ging es noch am Wasser entlang, dann durch einen Palmen-Wald. Aufpassen musste man nur, dass man nicht versehentlich auf oder zu nah an einen Krebs trat. Nach gut einer halben Stunde erreichten wir das Dorf, das wir zuerst einmal erkunden wollten. Auf einem Schild hatten wir gesehen, dass es dort eine Schule, eine Apotheke, eine Kirche und eine Polizeistation geben sollte. Eine ganze Menge für das kleine Dorf dachten wir uns. Da wir nach dem Weg durstig waren, suchten wir uns zuerst ein Haus, an dem wir bestenfalls ein kühles Bier kaufen konnten. Überzeugt wurden wir von einem Schild „Mitglied des Schwarzwaldvereins“. Ein Deutscher hat sich hier vor Jahren niedergelassen und lebt nun im Paradies. Drei kühle Bier und ein paar Geschichten bekamen wir für 240 Dominikanische Pesos (umgerechnet gut drei Euro).
Das Dorf ist mit zwischen 300 und 500 Einwohnern das einzige auf der ganzen Insel und lebt hauptsächlich von der Fischerei und den Tagesgästen, die mit Ausflugsbooten kommen. Wir haben in einem Restaurant auch noch eine Kleinigkeit gegessen. Die Sonne ging gerade unter, während wir den Rückweg durch den Wald angetreten hatten. Als wir dann schließlich wieder am Strand standen und zurück zum Boot geschwommen sind, war es schon fast dunkel. Da wir nach wie vor das einzige Schiff weit und breit waren, konnten wir es zumindest nicht verfehlen.
Donnerstag genossen wir vormittags wieder die Sonne und das warme Wasser, um anschließend erneut in das Dorf zu gehen. Auf dem Weg dorthin kamen uns auf einem Motorrad zwei uniformierte Mitarbeiter der Armada (vergleichbar mit der Küstenwache) entgegen. Wir erklärten, wo wir herkommen, wohin wir gehen und bekamen eine überraschte Reaktion, als sie erfuhren, dass nur wir zu dritt auf dem Boot sind. Die beiden fuhren daraufhin weiter, jedoch kam kurze Zeit später das Motorrad mit nur einem der beiden darauf zurück. Er fragte uns, ob er uns mit nach Mano Juan (so heißt wohl das Dorf) nehmen solle, was wir nach kurzem Überlegen dankend bejahten. Zu viert saßen wir also dicht an dicht auf dem Motorrad der Armada und wurden den Rest des Weges über Stock, Stein und Sand mitgenommen.
Am Strand von Mano Juan saßen wir dann unter Palmen und bewunderten den nächsten Sonnenuntergang wie aus einem Bilderbuch. Dazu aßen wir jeweils einen nur wenige Stunden zuvor gefangenen Fisch und ließen so den Abend ausklingen. Als wir uns dann wieder auf den Rückweg machten, war es schon fast komplett dunkel. Glücklicherweise hatten wir unsere Handys dabei und konnten so unseren Weg ausleuchten. Im Dorf hatte sich einer der vielen Hunde uns (ungewollt) angeschlossen und begleitete uns. Wir dachten, sobald wir das Dorf hinter uns lassen würden und im Wald wäre, würde der Hund schon wieder umkehren und zurück ins Dorf laufen. Tatsächlich ist der Hund jedoch den gesamten Weg unauffällig als 4. in der Reihe über den Trampelpfad mitgekommen und nur durch die Geräusche seiner Pfoten auf dem Laub wussten wir, dass er uns noch folgt. Dann haben wir uns gesagt, spätestens am Strand wird der Hund bleiben, wenn wir ins Wasser gehen, um zur Pohlaris zu schwimmen. Nur schwer konnten wir erkennen, wo genau das Schiff lag, denn es war stockfinster, als wir am Strand ankamen. Alle Sachen waren wasserdicht verstaut und es ging wieder ins Wasser – zu viert, statt wie erwartet zu dritt. Auf dem Weg zum Schiff hat sich unser stiller Begleiter noch einige Male an uns festgehalten, doch als wir dann schließlich angekommen waren und die Badeleiter eingeklappt hatten, ist er wieder in Richtung Strand geschwommen.
Heute am Freitag sind wir mit dem ersten Tageslicht um 6 Uhr aufgebrochen, denn der Weg zurück nach Punta Cana lag vor uns. Der Wind war glücklicherweise auf unserer Seite, sodass wir nur das erste Stück gegen ihn ankämpfen mussten, danach ging es in aller Ruhe immer weiter Richtung Norden. Dort angekommen werden wir das Schiff wohl erst einmal gründlich vom Salzwasser befreien. Das folgt dann im nächsten Beitrag.
Danke für den schönen, inspirierenden Bericht. So soll die Karibik sein……
Dem kalten Deutschland den Rücken gekehrt – Alles richtig gemacht – was für eine geniale Reise!
Noch eine schöne Restzeit und eine sichere Rückreise!
Was für eine traumhafte Reise. Faszinierend geschrieben- danke .