Ein Segelblog

Aller Anfang ist schwer

Die Weihnachtsfeiertage haben wir gut hinter uns gebracht, es war wie jedes Jahr sehr schön. Als Adrian und ich dann am zweiten Feiertag nachmittags im Flieger nach Toronto saßen, war erstmal Ruhe. Nachdem wir acht Stunden nach Toronto geflogen sind und dort vier Stunden Aufenthalt hatten, ging es dann noch einmal gut fünf Stunden weiter nach Port of Spain, Trinidad. Weiteren zwei Stunden später, die wir mit warten auf alles mögliche verbracht haben, saßen wir endlich im Transfer, der uns mit einem Zwischenstopp beim Supermarkt und der Zollbehörde dann zum Schiff gebracht hat. Um 10 Uhr morgens fing dann für uns die Arbeit (wenn man das überhaupt Arbeit nennen darf) an, obwohl wir uns eigentlich so fühlten als wäre der Tag schon vorbei. Das hat es eben so an sich, wenn man mit der Zeit fliegt.

Die Pohlaris schwimmt wieder

Wir haben den Vormittag mit Auspacken, Einräumen, Putzen, Ausprobieren und Kontrollieren verbracht. Mittags habe ich dann versucht die beiden Motoren zu starten, denn um 14 Uhr sollte das Schiff wieder ins Wasser gelassen werden. Und siehe da: Einer der
beiden Motoren reagierte nicht auf den Gashebel. Man konnte also keinen Gang einlegen und auch kein Gas geben. Das an sich ist schon ärgerlich genug, zumal wir nur wenige Tage vor unserer Anreise die Zusage hatten, dass beide Motoren einwandfrei funktionieren würden. Aber das war in dem Moment dann nicht zu ändern und sich darüber aufregen, lässt den Motor auch nicht wieder funktionieren. Der Termin das Schiff ins Wasser zu lassen, wurde also erstmal nach hinten vorschoben. Stattdessen kam der Elektriker an Bord und nahm sich des Problems an. In der Zwischenzeit wickelten wir alle Formalitäten mit dem Zoll und der Einreisebehörde ab und nach mindestens zehn Formularen, auf denen immer wieder die gleichen Daten nur in anderer Reihenfolge angegeben werden mussten, waren wir startklar. Nur der Motor hat eben noch nicht funktioniert und Wasser hat die Pohlaris auch noch nicht berührt. Um 18 Uhr hat sich dann der Elektriker geschlagen gegeben und wir waren mit einer Notlösung einverstanden. Wir wurden zu Wasser gelassen, die Mitarbeiter der Werft konnten endlich in den wohlverdienten Feierabend und wir waren einfach froh, dass es jetzt losgehen konnte.

Bei einem schönen Sonnenaufgang hieß es leinen los

Am nächsten Morgen sind wir dann mit den ersten Sonnenstrahlen aufgebrochen, um schon in der nächsten Bucht den Anker zu werfen. Denn in all der Aufregung und durch die unvorhergesehenen Probleme hatten wir noch keine Zeit, um die Fock zu setzen und eine Segellatte im Großsegel zu arretieren. Zwei Stunden später hieß es dann aber wirklich Leinen los.Endlich durften wir raus auf den Atlantik segeln. Direkt in der ersten Stunde haben wir unsere Höchstgeschwindigkeit dieser Etappe erreicht: 11,4 kn! Weiter ging es dann mit um die 9 kn bei ca. 15 bis 20 kn Wind – leider genau aus der Richtung, in die wir versuchten zu kommen. Es ging also hoch am Wind nach Norden.

Ein Vogel hatte es sich in unserem Großsegel bequem gemacht

Wir mussten uns an die Schaukelei und die Schläge des Wassers erst wieder gewöhnen. Adrian ist der Seegang leider auch bis zum Folgetag nicht gut bekommen, ich hatte zum Glück keine Probleme damit. Wir beide mussten uns aber, bei allem was man tat, gut festhalten. Zwischendurch haben wir noch weiter viel ausgepackt, eingeräumt und immer wieder besprochen, wie es weitergeht. Als wir abends dann noch die letzten Dinge für die Nacht besprochen haben, ist auf einmal ein Fisch durch das Fenster in der Decke (das bestimmt drei Meter über der Wasseroberfläche liegt) in den Salon gesprungen und lag nun zappelnd auf der Küchenplatte. Der Fisch muss sich mindestens so viel erschrocken haben, wie wir…

Nach dem Schreck bin ich erst einmal schlafen gegangen und Adrian hat den ersten Teil der Nachtwache übernommen. Als wir dann kurz vor den Grenadinen waren, haben wir gewendet und auch gleichzeitig gewechselt. Adrian ist schlafen gegangen und ich habe den Rest der Nacht Wache gehalten – oder besser gesagt: Ich habe mich oben im Salon auf die Bank zum Schlafen gelegt und alle 15 Minuten hat mich eine Eieruhr daran erinnert, einen Kontrollgang zu machen. Radar, Karte, Kurs, Position, Geschwindigkeit, Wind und Schiffe in der Umgebung. Meist war alles ohne besondere Erlebnisse und zwei Minuten später konnte ich also wieder für eine Viertelstunde schlafen.

Der nächste Tag verlief sehr ähnlich. Ein beständiger Wind trieb uns meist mit 8 kn durch die Wellen, über das Schiff kam eine salzige Dusche nach der anderen und wir haben mal ein Schiff in der Entfernung sehen können. Nur nachmittags hat uns der Wind für ein paar Stunden im Stich gelassen. Das hieß für uns abwarten, denn den Motor anschmeißen und zum Ziel fahren, kann ja jeder. Nachdem wir abends einen leckeren Salat gegessen haben, wollte ich mich grade ins Bett verabschieden, da bemerkten wir, dass ein uns entgegenkommender Katamaran (den wir schon Stunden vorher auf der Karte gesehen haben) seinen Kurs nach wie vor nicht angepasst hatte. Außerdem war seltsamerweise sein Ankerlicht eingeschaltet, obwohl er unter voller Besegelung auf uns zukam. Da ist man schon mal auf dem großen, weiten Atlantik und muss sich doch wieder Gedanken um Vorfahrtsregeln machen. Wir, die eindeutig Vorfahrt hatten, standen dennoch draußen am Steuer, um falls nötig doch eingreifen zu können. In einer Entfernung, in der man sich schon durch Rufe verstehen konnte, haben sie doch die richtige Beleuchtung eingeschaltet und sind sogar von ihrem Kurs abgewichen, um uns auszuweichen. Ich konnte in Ruhe schlafen gehen, Adrian wieder den ersten Teil der Nacht Wache halten und das Spiel der letzten Nacht wiederholte sich. Wenden, tauschen und mit der Eieruhr die zweite Hälfte der Nacht aushalten. Man kann es zwar keinesfalls als erholsamen Schlaf bezeichnen, aber seltsamerweise bin ich trotzdem am nächsten Morgen wieder hellwach gewesen.

Angekommen auf Barbados

Mit den ersten Sonnenstrahlen waren wir Barbados dann so nah, dass wir für die letzte Stunde dann mit Hilfe des Motors ans Ziel gefahren sind. Vor dem Hafen angekommen, stand auch schon die nächste Hürde vor uns: Wir mussten den Hafenmeister anfunken, um in den Hafen gelotst zu werden. Dort würden wir dann alle Formalitäten erledigen, hieß es in den Handbüchern. Als wären die 370 sm, die wir grade zum ersten Mal ohne Papa als Kapitän, sondern nur zu zweit zurückgelegt haben, nicht schon spannend genug gewesen, hieß es
dann also Worte finden, zurechtlegen und lossprechen. Keine Antwort. Nochmal probieren, wieder keine Antwort. Nach weiteren Versuchen auch auf anderen Kanälen kam dann in gebrochenem Englisch die Antwort, dass der Hafen mit fünf Kreuzfahrtschiffen voll sei. Wir sollten doch bitte direkt in die Bucht fahren und dann mit unserem Dinghi zurückkommen. Gesagt, getan, ließen wir um 8 Uhr den Anker fallen und waren erstmal froh, gut angekommen zu sein. Anschließend haben wir also das Dinghi aufgepumpt, um in einen kleinen Kanal zu rudern. Dort haben wir das Dinghi gelassen und sind noch einmal zwei Kilometer gelaufen, bis wir schließlich wieder beim Hafen und den Behörden waren. Ungefähr 15 Formulare und eine Stunde später waren wir also einklariert und hatten es tatsächlich geschafft. Nur die zwei Kilometer zum Dinghi mussten wir natürlich noch laufen, um dann zum Schiff zu rudern. Der Sprung ins karibische Meer war dann das Schönste, was ich seit Langem erlebt habe.

Wir haben es also tatsächlich geschafft, das war er, der erste große Test, ob es auch mit mir als Kapitän statt mit Papa funktioniert. Die Antwort ist ein klares Ja. Es hat nicht nur super funktioniert, sondern Adrian und mir auch eine Menge Spaß gemacht.

Letztendlich und dies ist auch der Grund, warum dieser Aufwand überhaupt betrieben wurde, hat dann am Nachmittag mein Telefon geklingelt: Papa ist sicher gelandet und setzt sich nun ins Taxi. Adrian und ich sind also zurück ins Dinghi, zurück in den Kanal und dort
stand er auch schon, mit seinem Rucksack auf dem Rücken, wartete nur darauf, eingesammelt zu werden. Stunde um Stunde saßen wir in den vergangenen Monaten zusammen, um zu planen, wie alles funktionieren und zusammen passen konnte. Nun hat es genau so geklappt, wie wir es uns gedacht haben. Wir haben Papa auf Barbados eingesammelt und werden nun aufbrechen, um morgen auf Martinique gemeinsam Silvester zu feiern. Es bleibt also aufregend!

1 Kommentar

  1. Rolf

    Toller Bericht, macht Spaß ihn zu lesen….
    Stellt doch demnächst eine Pfanne auf den Herd, dann könnt ihr den Fisch gleich braten
    Weiter so
    LG
    Rolf

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