Ein Segelblog

Der Atlantik

Auf unserem Rückweg in das Mittelmeer ging es für uns zunächst über Bermuda auf die Azoren. Jeden Tag haben wir dabei in Form einer E-Mail zusammengefasst und unsere Erlebnisse dokumentiert. Dieses Tagebuch der Atlantik-Überquerung folgt nun in diesem Beitrag.

Von Punta Cana nach Bermuda

Punta Cana nach Bermuda – Tag 1

28.06. 9:00 Uhr, Punta Cana – 29.06. 9:00 Uhr, 21°50’N 068°34’W

So, hier mal ein kleines Update nach den ersten 24 Stunden auf See. Die Navy war für 7 Uhr angekündigt, erschienen ist sie dann erst gegen 8:30 Uhr. Eine weitere halbe Stunde, die wir mit Formalitäten und Bürokratie verbracht haben verstrich, bevor es dann um 9 Uhr wirklich los ging. Die ersten Meilen mussten wir noch der Küstenlinie der Dominikanischen Republik nach Nordosten folgen, bis wir die Ostspitze der Insel hinter uns liegen gelassen haben. Dann ging es nicht direkt auf Bermuda zu, sondern wie von unserem Wetter-Router Chris empfohlen zunächst grob Richtung Norden. Das ist für uns ein gemütlicher Halbwindkurs, bei dem wir auch noch einiges an Strecke machen können. Am Donnerstag, so Chris, soll der Wind dann mehr nach Südosten drehen, sodass wir dann Kurs auf Bermuda nehmen werden.

Der Tag verlief unspektakulär, denn als einmal die Segel eingestellt waren, war die einzige Aufgabe noch das Steuern – und das macht glücklicherweise der Autopilot für uns. Also war genug Zeit für das ein oder andere Nickerchen, ein Buch oder kleinere Arbeiten, die es am Schiff zu erledigen galt. Gesegelt sind wir währenddessen bei 15 bis 20kn Wind unter vollem Großsegel, der Genua und zusätzlich noch dem Solent (der Sturmfock). Letzteres eher, um aus der in die Jahre gekommenen Genua ein wenig den Druck zu nehmen.

Abends gab es dann eine große Portion Spaghetti und nach einer schnellen Dusche, die bei den Atlantikwellen von der Seite schon eine Herausforderung sein kann, brach die erste Nacht an. Wie wir es schon immer gemacht haben, habe ich die erste Schicht übernommen, während Papa sich nach unten in seine Kabine gelegt hat. Wie der Zufall so will kamen die Gewitter natürlich mit Einbruch der Dunkelheit. Die Genua haben wir vorsichtshalber eingerollt, das große Unwetter blieb uns jedoch erspart. Lediglich einmal haben wir ein paar Tropfen abbekommen, als dicht hinter uns ein großer Schauer durchzog.

Ansonsten blieb die Nacht so unspektakulär, wie es der Tag schon vorgemacht hat – keine Schiffe, keine Tiere, nichts als Wasser Wind und Wellen. Nun segeln wir nach wie vor mit Solent und Groß, das jedoch mit 8-10kn Speed. In den ersten 24 Stunden haben wir so 195sm hinter uns gelassen, ein Schnitt von über 8kn. Wenn es so weitergeht, dann müssen wir sogar noch Tempo rausnehmen, um nicht mitten in der Nacht von Freitag auf Samstag anzukommen.
So, jetzt haben wir in das Großsegel zwei Reffs gemacht, ein großer Schauer mit tiefschwarzen Wolken kam auf uns zu. Immerhin wird das Schiff nun schon einmal vom ersten Salz befreit.

Wenn es etwas erzählenswertes gibt, melden wir uns wieder, ansonsten folgt morgen das nächste Update von der Pohlaris.

Regnerische Grüße
Harald und Julian

Punta Cana nach Bermuda – Tag 2

29.06. 9:00 Uhr, 200sm südlich von hier – 30.06. 9:00 Uhr, 25°N 068°38’W

Durch häufige Änderungen der Windrichtung- und stärke mussten wir gestern häufig die Segel umstellen. Mal war zu viel Wind, dann haben wir in das Großsegel zuerst ein, dann zwei Reffs gemacht, dann war wieder kein Wind, also die Reffs wieder raus und sogar die Genua zusätzlich setzen. So ging das bis Abends wo wir uns dann darauf eingependelt haben, dass im Großsegel ein Reff bleibt und die Genua eingerollt. Auch wenn uns die hohen Wellen immer wieder ausbremsen und dem Schiff eine salzige Dusche geben, wenn sie über uns brechen, konnten wir trotzdem unseren Schnitt von 200sm pro Tag halten. Also: 400sm hinter uns, 500sm noch vor uns. In ein paar Stunden können wir also Halbzeit feiern.

Begegnungen tierischer Natur beschränken sich leider bisher auf einen Gecko, unseren blinden Passagier dieser Reise. Der hat es sich in der Nähe des Mastfußes gemütlich gemacht, und sitzt meist auf der Schot vom Solent. Von gemütlich kann aber hier keine Rede sein, denn alle paar Minuten fließen wieder hunderte Liter Seewasser über das Deck, wenn sich eine Welle genau an unserem Rumpf bricht.

Ansonsten ist alles friedlich hier, keine Schiffe in Sicht und uns geht es gut.
Harald und Julian

Punta Cana nach Bermuda – Tag 3

30.06. 9:00 Uhr, 165sm südlich von hier – 01.07. 9:00 Uhr, 28°04’N 068°43’W

Das Wetter hat uns gestern ganz schön beschäftigt. Immer wieder hat der Wind gedreht, wurde stärker, dann war wieder kein Wind und dazu sind hin und wieder große Schauer über uns gezogen. Wir haben also unseren Kurs und die Segel so gut wir konnten optimiert, haben zwischendurch das Großsegel gerefft, um es einige Zeit später wieder ganz hoch zu ziehen und liegen dennoch deutlich unter unserem Schnitt der letzten Tage: Nur 165sm in 24 Stunden. Das liegt hauptsächlich daran, dass uns gegen Abend und in der Nacht der Wind ausgegangen ist, und wir mit langsamen 5kn durch die hohen Wellen geschaukelt sind. Naja, wir brauchten so oder so Strom und haben dann kurze Zeit den Motor mitlaufen lassen.

Aktuell fahren wir weiterhin Kurs Nord und warten auf die vorhergesagte Winddrehung nach Süden. Um dann nicht den Wind platt von hinten zu haben, werden wir erst mit der Winddrehung langsam Kurs auf Bermuda nehmen. Unser Ziel ist nun noch 335sm entfernt, also sollten wir mit dem vorhergesagt nachlassenden Wind am Samstag Vormittag ankommen. So zumindest die Theorie…

Heute früh hat Papa zum ersten Mal seit zwei Tagen am Horizont mal wieder ein Schiff entdeckt, ansonsten ist aber alles beim alten und wir sind nach wie vor guter Dinge.

Viele Grüße
Harald und Julian

Punta Cana nach Bermuda – Tag 4

01.07. 9:00 Uhr, 174sm südlich von hier – 02.07. 9:00 Uhr, 30°29’N 067°19’W

Zu der ersten Schiffsbegegnung vorgestern (der Tanker hieß im übrigen „Clipper Harald“) kamen gestern noch gleich zwei weitere Schiffe dazu. Beide kamen aus Osten und hatten als grobes Ziel die USA. Das erste Schiff haben wir im Sonnenuntergang vor uns vorbeiziehen sehen, das zweite Schiff hat sich als Alarm auf dem Radar und AIS gegen 23 Uhr bemerkbar gemacht. Immerhin wissen wir, dass die Systeme sauber arbeiten. Für das zweite Schiff habe ich noch leicht unseren Kurs angepasst, da wir sonst vermutlich schon die Geräusche der Motoren hätten hören können. Dazu kommt, dass man in den stockfinsteren Nächten, die wir hier erleben bevor der Mond aufgeht keine Entfernungen einschätzen kann.

Ach und die stockfinsteren Nächte: Gestern war wirklich die erste ruhige aber auch vor allem sternenklare Nacht dieser Überfahrt. Wenn das nächste Fleckchen Erde erst mehrere hundert Kilometer entfernt ist, meint man wirklich die Milchstraße entlangfahren zu können so deutlich wie sie zu sehen ist. Die ruhigen Bedingungen hatten nur auch zur Folge, dass wir einige Zeit unter Motor fahren mussten.

Ansonsten hat der Wind gestern wie vorhergesagt Richtung Süden gedreht und wurde gleichzeitig schwächer. Da es uns nicht gerade an Zeit gemangelt hat, haben wir zuerst den Code 0 gesetzt und als selbst der zu schwer für den leichten Wind wurde, durfte der Gennaker mal ein bisschen duchgelüftet werden. 740sm liegen nun hinter uns, gestern haben wir demnach 175sm geschafft. Es sind nun noch 177sm bis zur ersten Ecke von Bermuda, wir werden also morgen früh dort ankommen.

Jetzt gerade zieht uns das Großsegel mit Gennaker und Solent bei 10kn scheinbaren Wind mit 8,5kn durchs Wasser. So stellt man sich Segeln vor.
Unsere erfolgreiche Ankunft auf Bermuda werden wir wohl schon wieder über das Handynetz melden können.

Viele Grüße
Harald und Julian

Von Bermuda nach Horta (Azoren)

Bermuda nach Ponta Delgada – Startschuss

30.07. 15:00 Uhr UTC (12:00 Uhr Ortszeit), letzte Ansteuerungstonne vor Bermuda

Gestern Abend sind wir (Adrian, Harald und Julian) nach unserem ungeplanten Kurzurlaub in London schließlich sicher auf Bermuda gelandet. Die letzten Einkäufe haben wir auf dem Weg zum Hafen erledigt und heute früh ging es dann los – zunächst mit ein paar kleineren Arbeiten, die noch zu erledigen waren. Um 10 Uhr hieß es dann wirklich Leinen los und zwei Stunden später ließen wir die letzten Felsen und Korallen von Bermuda hinter uns. Der Startschuss für unsere Überfahrt fiel dann um 12 Uhr Ortszeit (15 Uhr UTC). Ich werde bei allen Zeitangaben die UTC Zeit mit erwähnen, da wir nicht genau wissen, wann wir durch welche Zeitzone segeln.

Ziemlich genau 2.000 Seemeilen liegen nun vor uns. Das bedeutet für die nächsten 10-14 Tage gibt es nichts als Wasser, Wind, Wellen und nur das Satelliten-Telefon als Kommunikationsmittel zur Außenwelt.

Die erste (eigentlich wenig überraschende) Erkenntnis habe ich gerade schon erlangt: Auf unseren digitalen Seekarten werden wir als kleiner Pfeil und unser Kurs als Gerade dargestellt. Nun haben wir nach dieser Linie unseren Kurs genau auf die Azoren gerichtet. Von der Betrachtung der Karte fahren wir also einen Kurs Ost-Nordost. Die Instrumente sagen allerdings einstimmig, dass wir einen Kurs Ost-Südost fahren. Seltsam. Als ich dann einen Wegpunkt auf die Azoren gesetzt habe, wurde es mir klar: Die Linie, die uns mit dem Wegpunkt verbindet, ist keine Gerade sondern ein leicht gewölbter Bogen. Logisch, dachte ich dann, denn bei so einer großen Distanz ist die Krümmung der Erde zu berücksichtigen. Naja, dann folgen wir eben diesem Bogen, wer weiß, wo wir sonst landen würden.
Wie gehabt werde ich (Julian) wohl täglich ein Update verschicken – an Zeit sollte es mir dafür nicht mangeln.

Jetzt gerade segeln wir unter vollem Großsegel und Genua mit um die 10kn Speed Richtung, naja, sagen wir einfach mal grob Osten.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 1

31.07. 15:00 Uhr UTC (12:00 Uhr Ortszeit), Position 33°22’N 060°39’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 208 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 8,7 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 208 sm
Entfernung zum Ziel: 1.718 sm

Puh, was für ein Start. Um die 20 Knoten Wind von hinten jagen uns Richtung Osten, seitdem wir gestern Bermuda hinter uns gelassen haben. Je weiter wir uns von den Inseln entfernten, desto beständiger wurde auch die See. Nun vermitteln uns die langgezogenen Atlantik-Wellen von sicherlich 3-4 Meter Höhe immer wieder das Gefühl vom Wellensurfen. In einem Moment halbiert sich unsere reguläre Geschwindigkeit, der nächste Wellenberg schiebt sich von hinten unter uns und nur ein paar Sekunden später surfen wir auf der nächsten Welle hinab. So sind GPS-Geschwindigkeiten von 15 Knoten keine Seltenheit, den Rekord haben wir vergangene Nacht mit unglaublichen 19,5 Knoten erzielt. Bei solchen Geschwindigkeiten fängt dann alles im Schiff an zu vibrieren und zu klappern, um dann in einem lauten Getöse zu enden, wenn sich die Welle unter uns bricht. Aber so haben wir es uns ausgesucht, denn zusätzlich zu vollem Groß und Genua haben wir noch den Solent zeitweise als Schmetterlings-Segel auf der anderen Seite stehen.

Gestern Abend gab es dann eine von mir vor zwei Wochen vorgekochte und eingefrorene Portion Spaghetti, die allerdings zum größten Teil nur in meiner Schüssel gelandet ist. Naja, hoffentlich sind Papa und Adrian beim Abendessen heute wieder dabei. Ansonsten sind wir alle guter Dinge, kommen so langsam wieder in den Rhythmus einer Überfahrt und arbeiten fleißig an unserer mitgebrachten Reiselektüre.

Die Nächte teilen wir uns wie üblich auf: Nach dem Abendessen gehen Papa und ich schlafen, Adrian übernimmt die erste Wache. Nach ein paar Stunden, wenn Adrian dann zu müde wird, weckt er mich und ich über nehme die Wache grob von Mitternacht bis 3 oder 4 Uhr. Wenn ich mich dann nicht mehr auf den Beinen halten kann, wecke ich Papa, der dann die letzte Schicht übernimmt. Die Alarme sind natürlich alle aktiv und von dem Radar würden wir sogar vor einer Schlechtwetter-Zelle gewarnt werden. Das war letzte Nacht zum Glück nicht nötig, auch wenn wir von drei Gewittern lange Zeit umkreist waren, die allerdings nicht näher gekommen sind.

So, das war es von uns, viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 2

01.08. 15:00 Uhr UTC (12:00 Uhr Ortszeit), Position 35°20’N 058°25’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 185 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 7,7 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 393 sm
Entfernung zum Ziel: 1.577 sm

Es bleibt ruhig auf dem Atlantik, leider in den letzten 24 Stunden etwas zu ruhig. Der Wind hat nachgelassen und wir waren nicht mehr schnell genug, um auf den Wellen zu surfen. Glücklicherweise haben wir es gestern trotzdem noch geschafft, unsere Höchstgeschwindigkeit über die magische Grenze auf 20,2 kn zu erhöhen. Damit hat dann die Rauschefahrt fürs Erste aber ein Ende gefunden. Abends wurde dann der Wind so schwach, dass wir noch einmal einen Wetterbericht abgerufen haben. Wie wir schon befürchteten, sind wir genau in ein Flaute-Gebiet gesegelt, das sich häufig zwischen Bermuda und den Azoren bildet. Dies ist die Zone, um die sich dann der Ost-West-Passat von Afrika Richtung Amerika im Süden und der West-Ost-Passat von Amerika Richtung Europa im Norden dreht. Wir sind also links abgebogen, haben Kurs grob auf die östlichste Spitze Kanadas genommen und heute früh dann die stärkeren Winde erwischt. Wir werden nun einen Kurs etwas weiter nördlich, als den direkten wählen, um nicht wieder in dem Gebiet ohne Wind zu landen.

Ansonsten geht es uns nach wie vor gut, die ersten Bücher werden ins Runde gereicht und kleinere Arbeiten am Schiff erledigt. Langweilig wird uns also nicht. In der letzten Nacht hat es wieder an verschiedenen Stellen um uns geblitzt, das ist aber eher ein Wetterleuchten, als richtige Gewitter. Heute früh habe ich dann schon den zweiten blinden Passagier dem Meer übergeben, ein weiterer Fisch hat sich in der Nacht auf unser Trampolin verirrt und auf diesem auch sein Ende gefunden. In etwa einer halben Stunde wird uns ein Tanker überholen, der uns auf 7 sm nahe kommt. Das ist und bleibt wohl auch das aufregendste Ereignis des heutigen Tages.

Gesten hatten wir zwischenzeitlich Probleme mit unserem Satteliten-Telefon. Daher gingen auch die Mails erst später raus. Falls es dazu kommen sollte, dass das Satteliten-Telefon oder der Laptop aus irgendeinem Grund vollständig den Geist aufgibt, dann können wir das weder vorhersehen, noch etwas daran ändern. Sollte es also dazu kommen, dass von uns keine Mails mehr rausgehen, wird dies der wahrscheinlichste Grund dafür sein.

So, das war es mal wieder von unserer Seite.
Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 3

02.08. 15:00 Uhr UTC (12:00 Uhr Ortszeit), Position 36°55’N 055°00’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 191 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 8,0 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 584 sm
Entfernung zum Ziel: 1.395 sm

Ruhig ist es hier – so mitten im nichts. Mal leistet uns ein Vogel Gesellschaft, hin und wieder verirrt sich ein Fisch auf unser Trampolin und wenn mal ein Frachtschiff unseren Weg kreuzt, dann so weit entfernt, dass es nicht einmal zu sehen ist. Der Wind ist so beständig, dass wir die Segel (wenn überhaupt) nur alle paar Stunden mal trimmen. Bis heute Vormittag waren wir mit vollem Groß, Code 0 und Solent unterwegs. Da der Wind jedoch platt von hinten mit etwa 15 kn kommt, konnten wir die optimalen Bedingungen für den Parasailor kaum abstreiten. Nach den Frühstück ging es also an die Arbeit, der Solent wurde eingerollt, der Code 0 ebenso und nachdem wir kurz in den Wind gegangen sind, war dann auch das Großsegel verstaut. Der Parasailor wurde hochgezogen, die Leinen sortiert und als sich der Bergeschlauch nach oben geschoben hat, stand auch schon das schwarz-orange Drachensegel, wie es gerne mal beschrieben wurde, vor uns. So stellt man sich doch eine Atlantik-Überquerung vor.

Gestern haben wir die Zeit genutzt, und einige Arbeiten am Schiff erledigt. Papa ist beispielsweise in seiner Kabine buchstäblich die Decke auf den Kopf gefallen – die Deckenkonstruktion hatte sich vom Rumpf gelöst. Die Verkleidung war schnell ab, die alten Klebereste abgeschliffen und mit neuem Kleber und Schrauben hing die Konstruktion wieder an Ort und Stelle – mal sehen, wie lange.

Eine tägliche Beschäftigung ist natürlich auch das Spülen. Um unsere begrenzten Wasserressourcen nicht zu vergeuden holen wir uns dazu einen Eimer voll Meerwasser, spülen darin das Geschirr und waschen es nur zum Schluss kurz mit Frischwasser ab. So begrenz sich der Wasserverbrauch wohl auf nicht einmal einen Liter. All die Mühe zahlt sich aus, denn gerade einmal bei einem der beiden Wassertanks sieht man eine leichte Veränderung von „randvoll“ zu „fast voll“. So werden wir an der Stelle keine Probleme haben, noch eine Woche damit auszukommen. Auch die anderen Vorräte würden wahrscheinlich noch bis nach Spanien reichen, aber das ist auch gut so.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 4

03.08. 15:00 Uhr UTC (13:00 Uhr Ortszeit), Position 38°42’N 051°34’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 197 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 8,2 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 781 sm
Entfernung zum Ziel: 1.218 sm

Etwas aufregendes ist passiert, heute früh gegen 5 Uhr muss es gewesen sein. Wir haben die erste Zeitzone hinter uns gelassen und leben nun schon wieder ein Stück „europäischer“. Wir haben uns jedoch dazu entschieden nur eine der vielen Uhren an Bord auf die neue Zeit umzustellen. Die restlichen Uhren stellen sich dann auf den Azoren von alleine um, wenn wir wieder Handynetz haben. So haben wir dann die für uns aktuell geltende Uhrzeit im Salon im Blick und müssen auf allen anderen Uhren eben eine und bald zwei oder drei Stunden dazurechnen. Um unser Etmal, also die zurückgelegten Seemeilen in 24 Stunden zu bestimmen, bleiben wir bei der UTC-Zeit.

Tja, und was ist passiert in den letzten 24 Stunden? Der Parasailor steht noch so, wie wir ihn gestern nach dem Frühstück gesetzt haben. Die Winde sind also in Ihrer Richtung und Stärke die Definition von „beständig“. Dazu kommt ein traumhaftes Wetter: Sonnenschein, der nur hin und wieder von kleineren Wolken unterbrochen wird mit Temperaturen, die sehr angenehm sind – nicht zu heiß und nicht zu kalt. Diese Kombination ist wahrhaftig ein Bilderbuch-Segeln.

Ansonsten gibt es nichts Neues von unserer Seite. Wir haben uns an die Überfahrt mittlerweile gewöhnt, die Nächte sind nicht mehr anstrengend, die Tage gehen ineinander über und das Gefühl von Langeweile schwindet. Wie das wohl wird, wenn wir erst wieder Land in Sicht, Empfang auf den Handys oder festen Boden unter den Füßen haben…

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 5

04.08. 15:00 Uhr UTC (13:00 Uhr Ortszeit), Position 40°02’N 047°47’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 196 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 8,2 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 977 sm
Entfernung zum Ziel: 1.040 sm

Als hätten wir nicht schon genug Proviant an Bord (es würde bestimmt noch bis nach Spanien reichen) ist uns gestern Mittag dann noch ein fliegender Fisch von hinten aufs Boot gehüpft. Zappelnd hat er sich seinen Weg in den Salon gesucht, um letztendlich auf dem Teppich vor dem Niedergang zu der Kabine von Papa liegen zu bleiben. Für beide war es wohl besser, dass sie durch eine Tür getrennt wurden und sich nicht kennengelernt haben. So habe ich dann den Teppich mit Fisch oben drauf nach draußen getragen und dem Atlantik zurückgegeben, was er uns geschenkt hat. Nur durch ein Foto konnten wir Papa überzeugen, dass die Geschichte nicht erfunden war.

Adrian hat am Nachmittag ein frisches Brot gebacken, das wir uns heute zum Frühstück haben schmecken lassen – eine willkommene Abwechslung zu Toast und Müsli. Gestern ist dann noch unser Geschwindigkeitsmesser ausgefallen, der die Geschwindigkeit durch das Wasser misst. Da muss sich wohl etwas in dem kleinen Rädchen verfangen haben, das unter dem Schiff montiert ist. Für morgen erwarten wir Flaute, dann werden wir wohl mal ins Wasser springen und danach sehen. Das wird sicherlich aufregend bei dem Gedanken, dass die Wassertiefe in dieser Gegend ca. 5.000 Meter beträgt. Wir haben zwar noch unsere GPS-Geschwindigkeit, nur sehen wir nun nicht mehr, ob wir evtl. Strömung haben. Auch die Berechnung des wahren Windes basiert auf der Geschwindigkeit durchs Wasser, sodass auch dieser Wert fehlt. Aber das sind nun wirklich Kleinigkeiten neben all den Dingen, die reibungslos laufen.

Bis heute Vormittag schwebte noch der Parasailor über uns. Jetzt sind wir weit genug im Norden, um dem Flaute-Gebiet südlich von uns auszuweichen, sodass wir nun Kurs Ost eingeschlagen haben. Dadurch kommt der Wind nicht mehr platt von hinten, der Parasailor wurde also geborgen und gegen das Großsegel in Verbindung mit dem Genacker eingetauscht. So fahren wir momentan mit um die 11 Knoten (uns hilft sicherlich der Golfstrom) den Azoren entgegen.

Vor ein paar Stunden ist uns das Schiff „DURABLE“ entgegengekommen, das wir dich passiert haben. Kurs West-Süd-West , Geschwindigkeit 0,5 kn, Status manövrierunfähig, Zielhafen „CABLE GROUNDS“. Wir wurden also Zeuge, wie ein weiteres Unterseekabel zwischen Europa und Amerika verlegt wird. Bei 20 Kilometern, die bei der Geschwindigkeit pro Tag zurückgelegt werden, haben die nicht nur schon einen ziemlich langen Weg hinter sich, sondern auch noch viel vor sich. Bei dem Vorhaben müssen wohl noch deutlich mehr Bücher an Bord sein, als bei unserer Reise.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 6

05.08. 15:00 Uhr UTC (13:00 Uhr Ortszeit), Position 40°03’N 043°50’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 182 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 7,6 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.159 sm
Entfernung zum Ziel: 858 sm

Halbzeit – gestern Nachmittag haben wir bei Gin Tonic Bergfest gefeiert. 1.009 sm lagen hinter uns und noch 1.008 sm vor uns. Das von uns aus nächstgelegene Fleckchen Erde sind jedoch nicht die Azoren, sondern mit „nur“ 550 sm Entfernung Neufundland. Wenn man so darüber nachdenkt, sind wir hier also doch verdammt einsam. Die zweite Hälfte der Reise wird uns, zumindest laut Wetterberichten und Informationen unseres Wetterrouters Chris, nicht so leicht von der Hand gehen. Einen Vorgeschmack darauf bekommen wir gerade mit einer absoluten Flaute und dazu noch leichter Strömung gegenan. Die Segel sind geborgen und der Motor schiebt uns mit langsamen 4 kn gen Osten.

Bis gestern Abend sind wir noch unter Groß und Genacker gesegelt, da der Wind dann allerdings wieder so gedreht hat, dass er platt von hinten kam, war für die Nacht der Parasailor angesagt. Als wir dann alle Segel geborgen haben, war der günstigste Moment, um nach unserem Geschwindigkeitsmesser zu sehen. Adrian hat sich ins „kühle“ (da wir noch im Golfstrom sind, wohl eher „warme“) Nass gestürzt und ich habe ihn vorsichtshalber mit einer Leine vom Schiff aus gesichert. Zur Überraschung ließ sich das kleine Rädchen drehen, als hätte es nie Wasser, Muscheln oder Algen gesehen. Schade – das wäre die einfachste Lösung gewesen. Adrian ist also wieder an Bord geklettert, wir haben den Parasailor gesetzt und Kurs Ost eingeschlagen.

Die Nacht war sehr ruhig, mit noch beständigen Winden. Diese haben uns dann heute Vormittag leider im Stich gelassen – werden sich aber hoffentlich bald wieder zeigen. Dafür haben wir den Vormittag genutzt, um weitere Arbeiten am Schiff zu erledigen. Papa und Adrian haben sich mit Lappen und Politur dem Rumpf gewidmet, ich habe mich währenddessen in den Kabelsalat unserer Navigationsinstrumente eingearbeitet. Mein ernüchterndes Fazit: Alle Stecker stecken, alle Kabel sind intakt und ein voller Neustart der Systeme hat auch nicht geholfen. Schade, dann geht es ab jetzt ohne Geschwindigkeitsmesser, Wassertemperatur und leider auch Tiefenmesser weiter.

Auch wenn bei uns wirklich nicht viel passiert, gibt es doch immer etwas zu erzählen – mal schauen, was uns also die nächsten Tage noch erwartet.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 7

06.08. 15:00 Uhr UTC (13:00 Uhr Ortszeit), Position 40°00’N 041°30’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 109 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 4,5 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.268 sm
Entfernung zum Ziel: 752 sm

Entwarnung: Die geringe Tagesleistung ist nicht durch einen technischen Defekt am Boot, Ausfälle der Crew oder andere besorgniserregende Faktoren entstanden. Wir hatten schlichtweg Pech. Der Wind hat sich nur hin und wieder mal für eine Richtung entschieden und wehte selbst dann nur mit weniger als 5 kn. So lief also mit kürzesten Unterbrechungen seit gestern Mittag eine Maschine ständig mit und schob uns an. Das in Verbindung mit einer Strömung von 3-4 kn (!) gegenan ließ uns viele Stunden mit langsamen 3 kn über den Ozean tuckern. Eine gute Nachricht gibt es aber doch: Die nächstgelegene Küste ist nun die der westlichsten Insel der Azoren – Flores. Man kann also sagen, das Ziel ist (fast) in Sicht, auch wenn es selbst bis Flores noch 475 sm sind. 

Pünktlich zum Sonnenuntergang gestern Abend kam allerdings ein wenig Wind auf, sodass wir für kurze Zeit mit Großsegel und Code 0 segeln konnten. Die Chance haben wir genutzt und mit der Drohe diese unglaublich schöne Kulisse eingefangen. Sobald wir wieder Handynetz haben, werden wir mal einen Eindruck mitschicken, wie es auf diesem Fleckchen Erde aussieht.

Durch den Überschuss an Strom haben wir uns heute Morgen zu dem Rest des frischen Brotes einen heißen Kaffee genehmigt – einfach herrlich. Außerdem wurde nach dem Frühstück von Papa und Adrian fleißig weiter das Deck poliert, während ich den Wohnraum von oben bis unten gesaugt habe (ja, wir haben einen kleinen Staubsauger an Bord). So haben wir aus dem Wetter wohl das Beste gemacht, hoffen allerdings, dass es so nicht weitergeht. Das sieht bis jetzt auch ganz gut aus, das Motorbrummen ist verstummt, die Segel sind gesetzt und hoch am Wind geht es mit 7-8 kn mehr oder weniger Richtung Azoren (momentan eher Richtung Frankreich).

Der Bericht von gestern ist wie ich gehört habe bei manchen nicht, bzw. erst sehr spät angekommen. Das waren dann wohl die Probleme mit dem Satelliten-Telefon, von denen ich berichtet hatte. Kein Grund zur Sorge also, ich hoffe der heutige Bericht geht auch wirklich heute raus.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 8

07.08. 15:00 Uhr UTC (13:00 Uhr Ortszeit), Position 40°27’N 038°19’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 152 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 6,3 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.420 sm
Entfernung zum Ziel: 611 sm

Stille. Totenstille liegt über dem Atlantik. Das Wasser: Bis zum Horizont spiegelglatt. Vermutlich sogar noch weiter. Die Luft: Steht. In einer Bö kommen wir auf 2 kn wahren Wind aus den unterschiedlichsten Richtungen. Da machen sich nicht einmal unsere Handtücher die Mühe von der Reling zu wehen. Hätte uns jemand in diese Kulisse geworfen und gesagt, es sei das Mittelmeer zwischen dem spanischen Festland und Mallorca? Keine Zweifel, das würden wir unterschreiben. Aber mitten auf dem Atlantik, über 600km vom dem nächsten Fleck Erde entfernt, mit 5km Wasser unter uns? Nicht in meinen Träumen wäre ich auf so eine Idee gekommen.

Gestern Nachmittag haben wir zum ersten Mal auf der Überfahrt Besuch von Delfinen bekommen, die fleißig um uns herum geschwommen und gesprungen sind. Ein schönes Schauspiel – ganz egal, wie häufig man es schon sehen durfte. Der Schiffsverkehr hat etwas zugenommen, wir sehen nun zumindest auf unseren Karten hin und wieder einen Tanker. Scheinbar durchkreuzen wir also gerade eine bestimmte Route zwischen Europa und Amerika. Ansonsten verrichtet seit gestern Mittag ständig einer der beiden Schiffs-Diesel seine Arbeit und schiebt uns mit 6,5 kn durch das Wasser. Wir sind – zur Beruhigung aller – schon in einer Reichweite zu den Azoren, bei der wir den gesamten Rest der Strecke unter Motor fahren könnten. Aber das ist natürlich nicht unser Plan.

Wo wir gerade bei Reichweiten sind, wie sieht es mit den restlichen Vorräten und Füllständen aus? Sagen wir mal so, hätten wir die Zeit, könnten wir die Azoren rechts liegen lassen und ohne Bedenken Kurs auf Spanien nehmen. Ein Frischwassertank ist noch randvoll, der zweite ist noch zu einem Viertel gefüllt. Zu dritt haben wir in acht Tagen also lediglich um die 300 Liter verbraucht – plus Trinkwasser natürlich. Davon, sowie von Lebensmitteln, haben wir noch mehr als genug für die verbleibende Strecke.

Nun ist unsere Ankunftszeit also nur eine Frage des Windes und der Strategie, die wir ausgehend von der komplizierten Wettersituation um uns herum wählen müssen.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 9

08.08. 15:00 Uhr UTC (14:00 Uhr Ortszeit), Position 40°15’N 035°02’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 151 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 6,3 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.571 sm
Entfernung zum Ziel: 462 sm

Ein Wettlauf gegen die Flaute – so kann man wohl beschreiben, was hier vor sich geht. Ein Flautengebiet zieht hinter uns her und wir versuchen mit allen Mitteln, nicht eingeholt zu werden. So heißt es seit ein paar Stunden Motor an, Motor aus, Segel dicht holen, Segel fieren. Keine Windhauch wird ausgelassen. Wir haben vergangene Nacht die nächste Zeitzone erreicht, unsere Bord-Uhr also wieder eine Stunde vorgestellt. An diese Zeit müssen wir uns allerdings nicht gewöhnen, das nächste Mal Uhren umstellen steht schon morgen an. Dann sind wir auch schon in der Zeitzone, in der wir bleiben, das Ziel rückt also näher und näher. Flores ist lediglich noch 200 sm entfernt, oder anders gesagt: Noch ein Mal schlafen, dann haben wir wieder Handynetz.

Bei noch spiegelglatter See haben wir uns gestern Nachmittag die Zeit genommen einen Moment den Motor zu stoppen, die Stille zu genießen und ich konnte noch eine Runde schwimmen gehen. Dabei betrachteten wir aus nächster Nähe die Tiere, die wir schon seit Tagen immer wieder sehen: Kleine, schimmernde, an der Oberfläche schwimmende und mit Luft aufgepustete Dinge lassen sich hier über das Meer treiben. Unter Wasser sind sie eine Mischung aus Qualle und Tintenfisch, können ihre blau-lila Tentakeln aber nicht oder nur minimal bewegen. Oberhalb der Wasseroberfläche ist dann der aufgepustete Körper, der scheinbar wie ein Segel genutzt wird. So etwas haben wir noch nie vorher gesehen. Sobald wir wieder Handyempfang haben, gibt es auch davon mal ein Bild.

Ansonsten bleibt es ruhig hier auf der Pohlaris und dem Atlantik und wir nutzen die Zeit für eine Schönheitskur des Schiffes. Adrian widmet sich dem GFK, das nach der Politur glänzt wie neu, ich poliere derweil alle Edelstahl-Stützen und entferne jeglichen Flugrost.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 10

09.08. 15:00 Uhr UTC (14:00 Uhr Ortszeit), Position 39°40’N 031°55’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 148 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 6,2 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.719 sm
Entfernung zum Ziel: 315 sm

Das Wettrennen gegen die Flaute haben wir verloren. Aber wenn wir eben nicht der Flaute davonsegeln können, dann lassen wir sie uns stattdessen überholen und warten auf den Wind, der danach kommt. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir uns die letzten 24 Stunden haben treiben lassen, wir sind weiter unter Motor gefahren. Schade, aber wir wollen auch irgendwann mal ankommen. Um jedoch meine Aussage aus dem letzten Bericht „Noch ein Mal schlafen, dann haben wir wieder Handynetz“ etwas zu relativieren: Wir sehnen uns keineswegs danach, wieder online zu sein. Es ist zwar besser, wenn wir es wieder sind, aber man kann sich auch verdammt gut daran gewöhnen eine längere Zeit von der Außenwelt (fast) abgeschnitten zu sein. Zumindest auf mich hat das eine unglaublich entschleunigende Wirkung und es war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

Land in Sicht! Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich die ersten Umrisse von Flores, der westlichsten Insel der Azoren. Nun neigt sich die Überfahrt also wirklich dem Ende entgegen. So sehr uns der Wind auf der zweiten Hälfte im Stich gelassen hat, muss man natürlich der Fairness halber sagen: Wir sind gesund, keinem ist etwas passiert, das Schiff ist heile und ein großer Sturm hat uns auch nicht getroffen. Wenn nur eines der genannten Dinge eingetreten wäre, dann hätten wir uns wohl über eine anständige Flaute stattdessen sehr gefreut. Und so haben wir die Zeit immerhin genutzt, um alles, was uns ins Auge gefallen ist, auf hochglanz zu polieren.

Heute haben uns noch einmal Delfine ein Stück begleitet und sind um uns gesprungen. Außerdem hat sich der Kapitän entgegen jeder Erwartung selber noch einmal in die (mittlerweile deutlich kühleren) Fluten gestürzt und ist mit mir eine Runde schwimmen gegangen. Einfach herrlich, so mitten im Nichts. So, jetzt heißt es noch einmal volle Aufmerksamkeit auf den letzten 300 sm, denn nun ist wieder mit Fischern, Bojen und anderen Schiffen zu rechnen, die uns in den letzten 10 Tage verschont geblieben sind.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 11

10.08. 15:00 Uhr UTC (15:00 Uhr Ortszeit), Position 38°31’N 028°46’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 163 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 6,8 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 1.882 sm
Entfernung zum Ziel: 154 sm

Eine kleine Planänderung hat sich ergeben: Wir verkürzen unsere Überfahrt ein wenig und machen einen Zwischenstopp auf der Insel Faial, genauer gesagt in Horta. Dort werden wir in ungefähr einer Stunde ankommen, einklarieren und tanken. Wenn es im Hafen ein kleines Plätzchen für uns gibt, werden wir auch über Nacht bleiben und morgen im ersten Tageslicht die letzte Etappe nach Ponta Delgada antreten.

Glücklicherweise hat der Wind wieder etwas zugenommen, sodass wir seit gestern wieder einige Stunden segeln konnten. Dennoch sind unsere Dieseltanks durch unser Pech mit dem Wind schon ziemlich ausgeschöpft, sodass uns der Stopp auch in dieser Hinsicht ganz gelegen kommt. Ein weiterer Grund ist natürlich Peter´s Cafe Sport, dazu aber morgen mehr. Nun müssen wir nach 11 Tagen unsere Fender und Festmachen wieder hervorkramen, das Schiff zum Anlegen vorbereiten und schon einmal alle Dokumente zurechtlegen.

11 Tage, 1.882sm – Das ergibt einen Schnitt von gut 7 kn oder 171 sm pro Tag. Nicht schlecht aber bei etwas mehr Glück mit dem Wind auch leicht zu steigern. Nächstes Mal…

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

Bermuda nach Ponta Delgada – Tag 12

11.08. 15:00 Uhr UTC (15:00 Uhr Ortszeit), Position 37°55’N 026°16’W

Zurückgelegte Strecke in den letzten 24h: 127 sm
Durchschnittliche Geschwindigkeit (letzte 24h): 7,0 kn
Gesamt zurückgelegte Strecke: 2.009 sm
Entfernung zum Ziel: 31 sm

Gegen 16 Uhr haben wir gestern an der Tankstelle der Marina Horta festgemacht. Da alle an Bord durchgeimpft und mit dem EU Zertifikat ausgestattet sind, gelten keine Einschränkungen für uns bei der Ankunft. So wurden unsere Pässe schnell und unkompliziert kontrolliert, wir haben vollgetankt und durften glücklicherweise an Ort und Stelle über Nacht liegen bleiben. Nachdem also alle Formalitäten erledigt, und das Schiff sicher angebunden war, haben wir uns auf den Weg zu einem kleinen Hafenrundgang gemacht. Nach den Häfen der Karibik, die überwiegend von Hochsee-Fischern dominiert waren, war es ein herrliches Bild, dass in dem ganzen Hanfen weit mehr Segelboote, als Motorboote zu sehen waren. Und bei jedem Segelboot, das wir sahen wussten wir, dass es schon einen weiten Weg hinter sich hat, um hier zu liegen. Manchen sah man das auch sehr deutlich an. Das besondere an der kleinen Marina Horta ist, dass sich jede Crew auf den Hafenmauern verewigen kann – eine Tradition, die schon sehr lange gepflegt wird. Von kleinen Schriftzügen bis hin zu aufwändig gestalteten Gemälden, die auf die Kaimauern gemalt werden, ist dort alles zu sehen. Wer mehrmals auf seiner Reise in Horta hält, kann sein eigenes Bild um eine weitere Jahreszahl oder Route ergänzen. Trotz der tausenden Schiffsnamen und Wappen, haben wir tatsächlich durch Zufall genau an unserem Liegeplatz den Schriftzug eines uns bekannten Schiffes entdeckt. Die Crew der „Gordons“ haben wir 2018 in Cadiz getroffen und nun herausgefunden, dass sie kurz zuvor in Horta waren.
Nach unserem kleinen Hafenrundgang sind wir dann zu besagter Kneipe spaziert: Peter´s Cafe Sport. Hier treffen sich alle Segler auf einen Gin Tonic – mit hausgemachtem Gin. Das, und dass es innen sehr stilvoll eingerichtet sein soll, waren die Infos, die wir hatten. Angekommen bot sich uns ein eher ernüchterndes Bild: Der Laden, der vor 20 Jahren vermutlich das war, was wir uns vorgestellt hatten, ist nun dem Erfolg zum Opfer gefallen. An der Straße war zusätzlich eine Teerrasse aufgebaut, auf der wir nach kurzer Wartezeit gerade noch einen Platz kriegen konnten. Innen hätten wir uns auf eine Warteliste setzen lassen können. Das Publikum: alles andere als Segler. Nach einem schnellen Gin Tonic haben wir dann das Weite gesucht, und auch 600 Meter weiter gefunden. Direkt am Wasser haben wir einen Platz bei Genuino, einem Fischrestaurant eines zweimaligen Weltumseglers bekommen – das aber auch erstaunlicherweise erst, nachdem wir erwähnten, dass wir gerade aus Bermuda kommen. Vorher hatten sie keinen Tisch für uns frei.

Gestärkt gingen wir nach dem leckeren und stilvollen Abendessen wieder zurück zum Schiff, doch sind wir dann nicht wie man es nach so einer Überfahrt vermuten könnte in die Betten gefallen, sondern haben stattdessen gleich wieder abgelegt. Uns zog es einfach zurück aufs Wasser, und sechs Stunden fester Boden unter den Füßen reichten uns voll und ganz. So kommen wir heute noch im letzten Tageslicht in Ponta Delgada, unserem eigentlichen Ziel der Reise an. Seglerisch zeigt sich die Natur dafür noch einmal von ihrer besten Seite, denn auf flacher See mit beständigen Winden von hinten werden wir schnell Richtung Sao Miguel getragen.

Viele Grüße
Harald, Adrian und Julian

2 Kommentare

  1. Rolf

    Danke für den schönen Bericht

  2. Ramona

    Was für eine spannende Reise. Danke das ihr uns daran teilzunehmen laßt.

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