Ein Segelblog

Aller Anfang ist schwer

Über Frankfurt ging es für Papa und mich am vergangenen Montag wieder nach Punta Cana. Die Anreise war wie gewohnt unkompliziert und unspektakulär. Keine drei Stunden nach der Landung waren schon alle Einkäufe verstaut, Koffer ausgepackt und der Urlaub konnte beginnen.

Wie wir sie verlassen haben lag die Pohlaris in Cap Cana

Am Dienstag kamen dann acht Leute von verschiedenen Behörden, um alle Formalitäten zu erledigen, die nötig sind, um auszureisen zu können. Knapp zwei Stunden später waren alle Formulare ausgefüllt, Pässe gestempelt und das Schiff „durchsucht“. Durchsucht bedeutet hier wieder: Die Besteckschublade und der Kühlschrank wurden genauestens unter die Lupe genommen. Die Stauräume in denen Segel lagern, die Motorräume oder zumindest die Staufächer unter den Betten jedoch nicht. Nach der ganzen Bürokratie wollten wir nur eins: Leinen los und raus aufs Wasser.

Beim zweiten Versuch hat es dann geklappt

Gekommen sind wir jedoch nur bis in die Hafenausfahrt, dann hatten unsere Motoren nicht mehr genug Kraft, um uns gegen Wind und Welle aus dem Hafen zu schieben. Das Problem war schnell erkannt, denn die Schrauben waren vor lauter Muscheln kaum noch als solche zu erkennen. Komisch eigentlich, denn vor grade einmal sechs Wochen haben wir die Schrauben erst gesäubert. Also haben wir kurzerhand wieder festgemacht. Ich bin mit Tauscherbrille und Spachtel bewaffnet ins Wasser gesprungen und wir sind schließlich doch noch aus dem Hafen gekommen.

Das Problem dieser Reise ist, dass sich eines der beiden Ruderblätter am Schiff nicht mehr bewegen lässt. Das wäre an sich kein großes Problem, wenn nicht an eben diesem Ruderblatt der Autopilot hängen würde. Da wir, um überhaupt steuern zu können, das festsitzende Ruderblatt aus dem Rudersystem aushängen müssen, ist somit auch der Autopilot ohne Funktion. Einfach gesagt: Einer von uns beiden muss immer am Steuer stehen, der zweite kann sich um alles andere kümmern.

Das große Ziel der ersten Etappe war Curacao, eine der drei ABC-Inseln. Zufälligerweise liegt die mir nun schon gut bekannte Isla Saona auf dem Weg dorthin, sodass wir dort am späten Dienstag Nachmittag den Anker fallen ließen. Dadurch haben wir die lange Überfahrt um einen Tag verkürzt, und konnten vor Allem noch eine Nacht ruhig schlafen.

Mittwoch ging es dann schon vor dem Sonnenaufgang los – Kurs Süd. Die Wetterberichte sagten einen konstanten Wind von 20 Knoten von Ost-Nord-Ost voraus, das bedeutete für uns von schräg hinten. Beste Bedingungen also, um in möglichst kurzer Zeit einigermaßen stressfrei quer durch das Karibische Meer nach Curacao zu segeln. 380 Seemeilen lagen vor uns, das kann man mit Glück in knapp 40 Stunden (also nur einer Nachtfahrt) schaffen. Einmal mehr sollte uns aber gezeigt werden, dass Wetterberichte die mobilen Daten nicht wert sind, über die sie abgerufen werden.

Tropfnass steht Papa am Steuer

Letztendlich sind wir nicht wie erhofft noch am Donnerstagabend auf Curacao angekommen, sondern haben Freitag früh um 01:20 Uhr in einer kleinen Bucht im Westen der Insel geankert. Auf dem Weg hatten wir einen Wind von zwischenzeitig 8-9 Bft. von der Seite. Das entspricht gut 40 Knoten, also knapp 80 Km/h. Wie sich das anfühlt? Ganz einfach: Im Auto auf der nächsten Landstraße Fenster auf und die Hand raushalten. Dazu kamen Wellen von 5-6 Metern (ebenfalls von der Seite) und immer wieder heftige Schauer. Es stand dann also immer einer von uns am Steuer, eingepackt in Ölzeug mit der Kapuze auf dem Kopf, um das Schiff auf Kurs zu halten und den größten Wellen so gut es geht auszuweichen. Bei den Bedingungen dauert es aber auch keine zwei Minuten und alles unter dem Ölzeug ist tropfnass. Die Wellen und der Regen suchen sich den Weg vorbei an der Kapuze, von oben in den Kragen und durch Ärmel und Hosenbeine wieder raus. Nach wenigen Stunden hing der Salon voll mit salzigen Klamotten, die wenigstens trocknen sollten.

Das war aber noch nicht mal der anstrengendste Teil, denn irgendwann wurde es dann dunkel. Um die Nacht so sicher wie möglich zu gestalten, hatte der Steuermann immer eine Schwimmweste an, war am Schiff festgebunden und hatte zusätzlich noch einen GPS-Sender in der Tasche, der im Notfall ausgelöst werden kann und die Position übermittelt. Wer grade nicht gesteuert hat, hat auf der Bank im Salon geschlafen. Blieb also nur das Problem, wie der Steuermann auf sich aufmerksam machen kann, wenn etwas ist. Das Steuer aus der Hand lassen konnten wir nicht und Rufe sind bei dem Lärm durch Wind und Welle zwecklos. Also war am Steuerstand festgemacht ein Nebelhorn, mit dem wir uns dann gegenseitig wecken konnten.

Die Fahrt durch die Altstadt Willemstad

Für ein Anker-Bier hat es am Freitag früh noch gereicht, dann sind wir vollkommen erschöpft in unsere Betten gefallen. Bevor es dann am Freitag nach Willemstad ging sind wir noch schnell ins Wasser gesprungen, um danach die letzten 30sm anzutreten. Hier hatten wir wieder Pech, denn über 20 Knoten Wind und eine hohe Welle von vorne zwangen uns dazu mit Motorkraft über zwei Stunden gegen das Wetter anzukämpfen. Um in den großen Naturhafen Schottegat zu gelangen, muss man zuerst durch einen Kanal, der die Hauptstadt Curacaos teilt. Gleich zwei neue Erfahrungen haben wir mit der Pohlaris hier gemacht, denn es war das erste Mal, dass wir durch eine Schwenkbrücke (Konigin Emmabrug) gefahren sind, die extra für uns geöffnet wurde und kurz darauf sind wir auch zum ersten Mal unter einer Brücke hergefahren (Konigin Julianabrug).

Kurz hinter der ersten Brücke wartete ein Schiff der Coast Guard, die uns ab diesem Punkt begleiteten. Das war also schon die dritte neue Erfahrung für uns: Von der Küstenwache bis zum Hafen eskortiert werden. Und wie der Zufall so will ist kurz vor dem Hafen, in dem wir anlegen wollten, einer der beiden Motoren ausgefallen und ließ sich nicht mehr starten. Auch das ist uns zumindest im Hafen noch nie passiert. Leider war es genau der Motor, der das noch funktionierende Ruderblatt angeströmt hat. Auf der einen Seite hatten wir also einen funktionierenden Motor mit defektem Ruderblatt und auf der anderen Seite einen defekten Motor mit funktionierendem Ruderblatt. Das Resultat war, dass wir uns im Kreis drehten.

Hier macht die Coast Guard die Pohlaris an ihrer Seite fest

Die Coast Guard hat uns dann freundlicherweise seitlich an ihrem Schiff festgemacht, mit beeindruckender Souveränität in den Hafen geschleppt und am Steg angelegt. Nicht einmal ein kleines Trinkgeld wollten sie für die Rettung akzeptieren: „That´s our job!“

Bis Samstagabend waren wir dann mit den verschiedensten Behörden beschäftigt, die mit uns alle Formalitäten abgewickelten und uns immer wieder darauf hinwiesen, dass wir unser Schiff nicht verlassen dürfen, solange die Ergebnisse unserer PCR-Tests nicht vorliegen. Das war aber gar nicht weiter schlimm, denn so konnten wir die Zeit mit allen möglichen Reparaturen und vor allem einer gründlichen Wäsche von Schiff, Kleidung und Crew verbringen.

PCR Tests werden an Bord gemacht

Heute morgen wollten wir aber doch einmal etwas anderes sehen als unsere bekannten „vier Wände“. Also packten wir unsere Tauschen, und spazierten zu der nächstbesten Autovermietung, um uns dort ein Leihwagen für zwei Tage zu buchen. Damit sind wir heute schon im äußersten Westen der Insel gewesen und haben unseren Proviant wieder aufgestockt. Die Eindrücke, die wir von der Insel Curacao sammeln, folgen dann in einem späteren Beitrag.

Jetzt soll es erst einmal in die Altstadt gehen und zum ersten Mal seit November wieder in eine Kneipe. So langsam haben sich unsere Kräfte nach der anstrengenden Überfahrt auch wieder regeneriert.

4 Kommentare

  1. Rolf Brand

    Da habt ihr ja richtig was erlebt, weiter viel Spaß

  2. wFriedrich Wilhelm Baumann

    Hallo liebe Pohlaris-Leute,den Reisebericht
    Finde ich hochinteressant,zumal die Fahrt
    Ja mit Scwierigkeiten aller Art 0gespickt war.
    Von Eintönigkeit oder gar Langeweile konnte
    Nicht die Rede sein.
    In meinem Alter(91) kann man davon nur
    noch träumen.Es wird sicher nicht Euer
    Letzter Turnier gewesen sein.
    Ich wünsche der Poharis „immer zwei
    Handbreit Wasser unterm Kiel“

  3. Hector Luis De Jesus

    Nice Post, greating from Dominican Republic, Marina Cap Cana!

  4. Marcel

    Hallo Reisende, das war schon echt ein spannendes Intro und ich vollziehe wenigstens Eure Routen immer ein bißchen nach. Euren Spaß, manchmal auch Eure Anstregungen kann man Euren Bildern und zusätzlich gut „zwischen den Zeilen“ lesen und das führt bei mir stest zu einem Schmunzeln. Super Sache Euer Blog und ich hoffe mal, die ausbleibende Fortführung Eures Berichtes liegt am fehlenden Internet und dem „Urlaubsstreß“ und nicht an der Gesundheit.Euch noch viel Spaß und bis bald.

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