Ein Segelblog

Happy New Year

Nachdem ich uns wieder aus Barbados ausklariert habe, sind wir mit ein bisschen wenig Wind, aber dafür ohne besondere Vorkommnisse durch die Nacht nach Martinique gesegelt. Pünktlich zum Sonnenaufgang haben wir die Südspitze passiert und Kurs auf die Bucht von Le Marin genommen. Nach allen Handbüchern und Reiseführern, die wir im Voraus gelesen haben, wussten wir, dass es dort viele Boote und seichte Gewässer gibt. Aber was uns dort erwartete, hat uns doch erstaunt: Dicht an dicht lagen über die gesamte Bucht verteilt hunderte Boote von klein bis riesig aneinander. Später haben wir erfahren, dass zu Spitzenzeiten bis zu 2500 Boote in dieser Bucht und im Hafen Platz finden.

Die Umrisse Martiniques sind zu erkennen

Auch wenn Papa nun wieder mit an Bord ist, darf ich mir weiterhin die Kapitänsmütze aufsetzen und fleißig üben. So hieß es also wieder Hafen anfunken, keine Antwort bekommen, nochmal probieren, um in gebrochenem Englisch den Treffpunkt „rote Tonne Nr. 11“ auszumachen. Nebenbei haben wir uns durch das Labyrinth von grünen und roten Tonnen, Ankerfeldern und Korallenriffen geschlängelt, sodass wir schließlich zwischen dem Hafen und dem besagtem Treffpunkt standen. Ein Schlauchboot hat uns dann zu unserem Liegeplatz gebracht und uns beim Anlegen geholfen.

Papa und Adrian sind nach dem Anlegen aufgebrochen, um einen Elektro-Außenborder für unser kleines Schlauchboot zu kaufen, den wir uns vor Monaten schon im Internet ausgeguckt hatten. Leider war jemand anderes schneller und wir müssen weiterhin rudern. Ich ging in der Zeit zum Hafenmeisterbüro, um uns anzumelden, einzuklarieren und die üblichen Fragen zu klären: Strom, Wasser, Internet. Wobei letzteres auf Martinique nicht wirklich relevant ist, da es durch die Zugehörigkeit zu Frankreich in das Gebiet des EU-Roaming fällt. Wir konnten also unsere mobilen Daten nutzen und telefonieren, als wären wir in Lemgo.

Der Tag verlief weiterhin ruhig mit einem Anleger-Cocktail, kleineren Reparaturen und einer ausgiebigen Dusche, denn zum ersten Mal seit wir Trinidad hinter uns ließen, mussten wir dabei keine Angst vor der nächsten größeren Welle haben und uns deswegen in der Duschkabine festkeilen. Das macht die Sache schon ein wenig schon einfacher. Nachdem wir um 19 Uhr auf das deutsche Neujahr angestoßen haben, gingen wir zu einem Restaurant am Hafen, in dem wir unser Silvester-Menü genossen haben.

Frohes Neues Jahr!

Relativ unspektakulär, aber deswegen nicht weniger schön haben wir dann auf das neue Jahr angestoßen und sind wenig später schon todmüde ins Bett gefallen. Endlich eine Nacht ohne Schlagen der Wellen, Knarren des Rumpfes und Wache halten.

Am Neujahrstag haben wir mit einem Leihwagen einen Ausflug nach Saint-Pierre, der ehemaligen Hauptstadt der Insel gemacht, die aufgrund eines Ausbruchs des benachbarten Vulkans Pelée im Jahr 1902 bis auf die Fundamente niederbrannte. Bei diesem tragischen Unglück verloren 30.000 Menschen ihr Leben. Mit Blick auf den Vulkan durch die Ruinen der Kirche oder des Theaters zu gehen, lässt uns nur erahnen, welches Leid die Bevölkerung erfahren haben muss.

Die Ruinen von Saint-Pierre vor dem Vulkan

Durchs Landesinnere ging es dann wieder Richtung Süden. Hier haben wir, aber vor allem Papa die bergige Seite Martiniques erlebt. Serpentinen, wie sie sonst nur in den Alpen zu finden sind, haben uns durch den Urwald über einen Berg nach dem nächsten geführt. Mal waren wir auf mehr als 700 Meter über dem Meeresspiegel und ein paar Minuten später schon wieder am Strand, um kurz darauf den nächsten Berg zu erklimmen.

Da wir auf dem Rückweg sowieso durch Fort-de-France (die jetzigen Hauptstadt der Insel) gefahren sind, haben wir uns entschlossen dort einen Stopp einzulegen. Doch das Bild der leeren Straßen setzte sich in der Innenstadt fort. Es war wie ausgestorben. Keine Menschen auf den Straßen, keine Cafés hatten geöffnet, nicht einmal Touristen waren zu sehen – und das obwohl im Hafen ein Kreuzfahrschiff lag. Wir sind dann also zurück nach Le Marin auf die Pohlaris gefahren, um dort den Tag ausklingen zu lassen.

Ein magischer Sonnenuntergang vor Dominica

Am nächsten Morgen hat Adrian noch letzte Dinge eingekauft, Papa hat einen neuen Laderegler für die Solarpanels besorgt, denn unserer hat aus einem unerklärlichen Grund den Geist aufgegeben, und ich habe uns wieder ausklariert. Zurück an Bord hieß es dann Leinen los und raus aufs Wasser. Obwohl es ein kleiner Umweg ist, haben wir uns dazu entschieden Martinique östlich zu umfahren, da hier der beständige Wind uns schnell ans Ziel bringen soll. Das bedeutete dann aber auch, eine Stunde mit dem Motor gegen Wind und Welle ankämpfen, um die Südspitze zu umrunden. Mehrmals sind wir an diesem Tag in Fischernetze gefahren, die wir dann mit unseren Schwertern mitgezogen haben. Dünne Seile knapp unter der Wasseroberfläche, festgemacht an Plastikflaschen, Holz und allem was sonst schwimmt – bei kleinsten Wellen schon schwer zu erkennen. Es hieß dann abwarten, Schlangenlinien um die Bojen fahren und im schlimmsten Fall freischneiden. Kaum hatten wir Martinique hinter uns gelassen, war es ein traumhafter Segeltag. Wir konnten endlich mal wieder den Code 0 setzen und sind bei halbem Wind und bis zu 12 kn die langgezogenen Wellen gesurft.

Die Nacht haben wir friedlich vor Anker an der Westküste Dominicas verbracht und sind mit dem Sonnenaufgang, noch vor dem Frühstück, schwimmen gegangen. Ja, sogar Papa hat sich freiwillig in die Fluten gestürzt, hat jedoch einen großen Schreck bekommen, als auf einmal das Boot ohne ihn losgefahren ist. Die Ursache war schnell erkannt, wir hatten gut einen Knoten Strömung, der alles was nicht am Anker hing, weggespülte. Kurzerhand habe ich also einen Festmacher ins Wasser geworfen, an dem man sich ausruhen konnte. Nach einem traumhaften Frühstück hieß es mal wieder: Anker lichten, Großsegel setzen und Kurs nach Norden einschlagen. So segeln wir in diesem Moment bei herrlichen Bedingungen Richtung Guadeloupe, wo unser nächstes Ziel Deshaies heißt. Die Solarpanels laden unsere Batterien voll, die Sonne lässt uns bräunen und der beständige Wind jagt die Pohlaris mit 9 bis 10, teilweise sogar 11 Knoten ins nächste Paradies.

2 Kommentare

  1. Rolf

    Danke für den schönen Bericht

  2. Max

    Echt sehr stark geschrieben! Wenn man das so liest und die Bilder sieht kommt doch Heimweh nach Segeln auf <3 Bester Teil war natürlich der Abschnitt mit dem Code-0.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

© 2023 Pohlaris

Theme von Anders NorénHoch ↑